Im Rat stimmt breite Mehrheit gegen den Antrag / Bürgermeister wirbt für AlternativenHülptingsen (fh). Viele engagierte Hülptingser wünschen sich einen eigenen Ortsrat – doch die Ratspolitiker haben diesen Antrag bei ihrer jüngsten Sitzung mit großer Mehrheit abgelehnt. Damit ist er für die Kommunalwahl im September und die kommenden fünf Jahre erst einmal vom Tisch. Denn ein solches Gremium kann immer nur zu Beginn einer Wahlperiode eingerichtet werden. Während beispielsweise in der Gemeinde Uetze alle neun Ortschaften einen eigenen Ortsrat haben, trifft das in Burgdorf nur auf Ramlingen/Ehlershausen, Otze und Schillerslage zu. Die Kernstadt hat keine eigene Vertretung. Die übrigen sechs Dörfer haben einen Ortsvorsteher, der allerdings nicht direkt gewählt wird.
In Hülptingsen übernimmt bisher Cord-Heinrich Schweer diese Ehrenamt. Er hat die Forderung nach einem eigenen Ortsrat seinerseits unterstützt und auch im Finanzausschuss und im Rat noch einmal eindringlich dafür geworben. „In den zurückliegenden Monaten habe ich Zusammenhalt, Engagement und Ideenreichtum als unerwartete Bereicherung erlebt. Es ist eine ehrenamtliche kommunalpolitische Basisarbeit entstanden, die ich auch in Zukunft nicht missen möchte“, so Schweer. Der Ortsrat sei eine Chance für die Bewohner, sich niederschwellig einzubringen. „Gerade in einer Zeit, in der in der Öffentlichkeit immer nur von Politikverdrossenheit die Rede ist, wäre das ein tolles Signal“, sagte er.
Hülptingser votieren für Ortsrat
In Hülptingsen hatte sich eine Initiative gebildet und im vergangenen Juli eine Bürgerversammlung abgehalten. Unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln versammelten sich dafür rund 80 wahlberechtigte Einwohner unter freiem Himmel auf dem Hof des Ortsvorstehers. Es gab nur eine Gegenstimme und drei Enthaltungen. Alle anderen und damit über 90 Prozent der Anwesenden stimmten damals für die Einrichtung eines Ortsrates.
Von einem solchen gewählten Gremium erhofften sie sich, bei politischen Entscheidungen nicht so leicht übergangen zu werden. Als Beispiel nannte Hilke Stelzer von der Hülptingser Initiative die Verkehrsplanung im Hinblick auf das Projekt Aue Süd. „Das betrifft auch uns und wir fürchten, dass wir uns dabei ohne Ortsrat nicht das nötige Gehör verschaffen können“, begründete sie gegenüber dem Marktspiegel.
Rat stimmt dagegen
Sowohl Bürgermeister Armin Pollehn als auch die Kommunalpolitiker bedankten sich bei Ortsvorsteher Cord-Heinrich Schweer für seinen Einsatz und lobten auch das Engagement der Hülpringser. „Das ist für die Stadtgesellschaft eine große Bereicherung“, so Pollehn. Im Rat stimmte er dennoch gegen den Antrag, ebenso wie große Teile von SPD, Grünen, WGS, CDU und FDP. Die Freien Burgdorfer, der Linken-Ratsherr Michael Fleischmann und die beiden Vertreter der AfD stimmten für die Einrichtung einen Ortsrat. Volkhard Kaever (WGS) und Björn Sund (SPD) enthielten sich.
Eines der zentralen Argumente der Gegner: Ein Ortsrat habe nur bei wenigen Themen eine Entscheidungsbefugnis, nämlich in erster Linie im Bezug auf Schulen, Kindergärten und Friedhöfe in der jeweiligen Gemarkung. „Nichts davon hat Hülptingsen“, argumentierten die Ratspolitiker. Bei fast allen anderen Sachverhalten könne der Ortsrat hingegen allenfalls eine Empfehlung aussprechen, die Entscheidung fälle dann aber ohnehin der Rat der Stadt.
Pollehn empfiehlt Alternativen
In Anbetracht dessen sei ein Ortsrat nicht das richtige Instrument, um die Anliegen des Dorfs voranzubringen. „Sie erhoffen sich, von einem solchen Gremium, dass Sie Ihre Interessen und Ihr Engagement besser vertreten können, aber ich befürchte eher, dass das Gegenteil eintreten würde“, sagte Pollehn. Denn ein Ortsrat sei von Formalismus geprägt und vergleichsweise schwerfällig. Ebenso wie im Rat gebe es eine strenge Geschäftsordnung. Einwohner könnten sich dann beispielsweise nur in einer Fragestunde zu Beginn oder zum Schluss der Sitzungen zu Wort melden. Außerdem könnten das gemeinschaftliche Engagement und die sachliche Auseinandersetzung alsbald durch parteipolitischen Streit erschwert werden.
Es gebe bessere Wege für ein basisdemokratisches Engagement, wie beispielsweise einen Bürgerverein oder regelmäßige Bürgerversammlungen, bei denen sich alle gleichermaßen beteiligen könnten. Pollehn sagte dafür sowohl seine persönliche als auch die Unterstützung der Stadtverwaltung zu. „Wenn Sie einladen, werden wir gerne kommen, um Sachverhalte vor Ort zu erläutern“, sicherte er zu. WGS-Ratsherr Kurt-Ulrich Schulz ergänzte, dass die Hülptingser bereits gezeigt hätten, dass mit ihnen zu rechnen sei. „Eines Ihrer großen Ziele, nämlich die Fußgängerampel an der Bushaltestelle, haben Sie auch ohne Ortsrat erreicht“, argumentierte er.
„Könnte weitere Begehrlichkeiten wecken“
Nicht zuletzt schreckten viele Ratspolitiker auch vor den Kosten und dem organisatorischen Aufwand zurück, den ein solches Gremium mit sich bringen würde. „Rund 7000 Bürger in Ramlingen, Ehlershausen, Otze und Schillerslage sind durch einen Ortsrat vertreten, 25.000 Burgdorfer in der Kernstadt in den übrigen Ortschaften hingegen nicht“, führte CDU-Ratsherr Klaus Köneke ins Feld. Wenn Hülptingsen eine eigene Vertretung bekäme, könnte das weitere Begehrlichkeiten wecken – und zwar nicht nur in den Ortschaften, sondern auch in der Kernstadt. „Vielleicht würde dann bald auch in der West- oder in der Südstadt der Ruf nach einem eigenen Bezirksrat laut“, warnte Köneke.
Das finanzielle Argument wollte Linken-Ratsherr Michael Fleischmann so nicht gelten lassen. „Das sind kleine Beträge, die aber viel bringen. Demokratie ist ein so hohes Gut, dass eine solche Initiative nicht am Geld scheitern darf“, forderte er.
Entstehung der Ortsräte
Um zu rechtfertigen, dass drei Dörfer in Burgdorf einen eigenen Ortsrat haben, die anderen hingegen nicht, argumentierten die Ratspolitiker mit den örtlichen Gegebenheiten: In Schillerslage gebe es Kindergarten und Friedhof, in Ramlingen/Ehlershausen und Otze zusätzlich dazu jeweils auch eine Grundschule. Köneke zog außerdem die Entstehungsgeschichte heran. „Bis zur Gebietsreform 1974 waren Ramlingen und Otze eigenständige Gemeinden“, rief er in Erinnerung. Die Zusammenlegung mit Burgdorf sei damals auf Widerstand gestoßen. Die Bildung eigener Ortsräte sei in dieser Gemengelage ein Zugeständnis gewesen.
Auf Schillerslage trifft das so nicht zu, dort wurde der Ortsrat erst 2001 eingerichtet. „Damals standen dort viele große Themen an, wie der Ausbau der B3, der Bau der neuen B188, Flurbereinigung und Dorferneuerung“, argumentiert WGS-Ratsherr Kurt-Ulrich Schulz. Diese Voraussetzungen sehe er in Hülptingsen gegenwärtig nicht.